05.11.2004 - Konzentrationszonen in Flächennutzungsplänen: OVG Münster fordert detaillierte Prüfung
596 Zugriffe

In zwei Entscheidungen hat sich der 7. Senat des OVG Münster mit Konzentrationszonen in Flächennutzungsplänen befasst (Beschluss vom 08.03.2004, Az.: 7 A 2391/03 [ – ca. 26 KB] und Urteil vom 19.05.2004, Az.: 7 A 3368/02, NuR 2004, 690) und damit die wegweisende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.12.2002 (siehe die Meldung vom 25.03.2003) in Nordrhein-Westfalen zur Geltung gebracht. Zu den Gerichtsverfahren war es gekommen, weil die Baubehörden Anträge für die Errichtung von Windkraftanlagen unter Hinweis darauf abgelehnt hatten, dass die Vorhaben außerhalb der in Flächennutzungsplänen dargestellten Konzentrationszonen verwirklicht werden sollen. Den Vorhaben stünden deswegen öffentliche Belange entgegen. Die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte, die den Klagen der Bauherren stattgegeben hatten, hat das OVG Münster nunmehr bestätigt.

Die Flächennutzungspläne sind nach Auffassung des OVG Münster unwirksam, weil die Aufstellungsvorgänge der planenden Gemeinde "jegliche substanzielle Begründung für den Ausschluss" eines der mehreren Untersuchungsräume vermissen lässt bzw. die Planung "im Detail beachtliche Abwägungsmängel" aufweist. Wenn eine Gemeinde auf Flächen, die für die Windkraftgewinnung als Vorrangflächen zwar in Betracht kommen ("potenzielle Vorrangflächen"), Windkraftanlagen ausschließen will, muss sie die für den Ausschluss sprechenden Gründe "konkret" benennen. Die Gründe müssen sich aus den "konkreten örtlichen Gegebenheiten nachvollziehbar herleiten" lassen. Es bedarf also einer "detaillierten Prüfung potenzieller Vorrangzonen", es sei denn, die Flächen können von vornherein als "Tabu-Flächen", auf denen die Errichtung von Windkraftanlagen schlechterdings ausscheidet, ausgeblendet werden. Dabei gilt, dass sich die Gemeinde umso "mehr mit den konkreten Gegebenheiten dieser Flächen auseinandersetzen" muss, je umfangreicher sie im Gemeindegebiet Ausschlussflächen darstellen will. Wird die Ausschlusswirkung auch nur für einen einzigen potenziellen Vorrangbereich nicht diesen Anforderungen entsprechend bzw. abwägungsfehlerhaft angeordnet, führt dies zu einem "durchgreifenden Abwägungsdefizit" und damit zur Unwirksamkeit der gesamten Konzentrationszonen des Flächennutzungsplans.

Bemerkenswert ist zum Einen, dass das OVG Münster nicht nur wie in den meisten bisherigen Judikaten – abstrakt die Einhaltung des Abwägungsgebots einfordert, sondern ausdrücklich gerade hinsichtlich eines jeden der Ausschlussbereiche "Rechtfertigungsbedarf" annimmt. Zum anderen sind Konzentrationszonen in Flächennutzungsplänen nach dieser Rechtsprechung bereits dann fehlerhaft, wenn auch nur eine einzige von mehreren "potenziellen Vorrangzonen" fehlerhaft abgewogen worden ist. Schließlich bedeuten die Ausführungen eine klare Absage an eine "Globalabwägung", weil sie in völliger Selbstverständlichkeit von dem Erfordernis einer detailgenauen Ermittlung der konkreten Verhältnisse in den Ausschlussbereichen ausgeht.

Die Ausführungen des 7. Senats lassen sich auf die Festlegung von Konzentrationszonen in Raumordnungs- bzw. Gebietsentwicklungsplänen unmittelbar übertragen. Denn dort gilt nach der herrschenden Auffassung von der Detailabwägung (siehe dazu das Glossar "Rechtswissenschaftliche Auffassungen und Theorien" [ – ca. 33 KB] bzw. zuletzt die Meldungen vom 25.10.2004 und 25.08.2004) nichts Anderes.


© 2024 www.ra-anders.de